Das Buch

Kurt Rettinger – Spuren im Schnee

Ein biografischer, politischer und psychologischer Roman

Pedjo hat viel gelernt von der böhmischen Familie, die ihn in ärmsten Zeiten als Ziehkind zu sich genommen hat, und er versteht plötzlich, dass menschliche Beziehungen nichts mit Verwandtschaft zu tun haben. Sie sind tief in der Seele der Menschen verwurzelt, die eine ganz besondere Art der Zufriedenheit daraus beziehen, anderen Menschen ihr Herz zu öffnen. Diese Erfahrung nimmt Pedjo mit, ohne zu wissen, dass es das Wichtigste für sein weiteres Leben sein wird.

Dabei ist wohl auch das tschechische Blut seiner leiblichen Mutter mit im Spiel, die dem jüngsten Kind all ihre Kraft mit auf den Weg gegeben hat. Sie hat allen gezeigt, dass es nicht um Status oder Formalitäten geht, sondern darum, seinen eigenen Weg zu gehen – den Weg, an den man glaubt. Und diesen Weg geht nun Pedjo …

Mit diesem Roman über das Leben ihres Vaters ist Ursula Rettinger ein faszinierendes Zeitzeugendokument gelungen. Gekonnt setzt sie den Wechsel zwischen biografischer Erzählung und der Perspektive des Enkels Severin ein, um die außergewöhnliche Geschichte eines Waisenkindes zu erzählen, das zu einer ausnehmend starken und prägenden Persönlichkeit heranreift. Es geht um die Findung der eigenen Identität, das „Wurzelnschlagen“, das „Heimatfinden“, die Entwicklung von Verantwortungsgefühl und Machtanspruch. Es geht aber auch um die Entstehung eines tief verwurzelten Wertesystems und den Glauben an die eigenen Ressourcen. Erfrischend und spannend die Perspektive des 16-Jährigen,  für den die Werte des Großvaters richtungsweisend werden und prägende Spuren in Kopf und Herz hinterlassen.

Besonders bemerkenswert ist dabei die Brücke, die erzählerisch von der Großvater- zur Enkelgeneration geschlagen wird.

Ein hochinteressantes Lesevergnügen!